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Verbraucher Kapseln, Pads & Co.

Die ganze Wahrheit über Kaffee – und seinen Preis

Ganz klassisch: Kaffee läuft aus einer Siebträgermaschine in eine Tasse Ganz klassisch: Kaffee läuft aus einer Siebträgermaschine in eine Tasse
Kaffeekapseln erfreuen sich in Deutschland großer Beliebtheit - Hohe Preise und ökologische Folgeerscheinungen werden von vielen Konsumenten in Kauf genommen
Quelle: picture alliance / dpa Themendie
Beim Kaffeetrinken sind wir Deutschen Meister. Bunte Kapseln und graue Pads werden dabei immer beliebter – ganz egal, was sie kosten. Doch lohnt sich das teure Vergnügen eigentlich?

Jeden Morgen dampft auf rund drei Vierteln aller deutschen Frühstückstische der Republik eine Tasse Kaffee. „Es ist das meistgetrunkene Getränk in der Bundesrepublik“, sagt Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes. Im vergangenen Jahr hat jeder Deutsche, vom Säugling bis zum Greis, durchschnittlich 149 Liter des schwarzen Wachmachers getrunken, deutlich mehr als Wasser oder Bier.

Was die Kaffeezubereitung betrifft, legen immer mehr Menschen Wert auf eine Kombination aus Schnelligkeit und Geschmack – die ideale Voraussetzung für den Erfolg von Kaffee in Kapseln und in Pads. Der Markt wächst rasant, die Konkurrenz nimmt zu, und vor allem Kapseln werden zurzeit günstiger.

Rund 10.000 Tonnen Kaffee wurden in Deutschland im vergangenen Jahr in Form von Kapseln verkauft – 16 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Und allein in den ersten vier Monaten dieses Jahres wurden 500.000 Kapsel-Maschinen verkauft. Auch der Konsum von Kaffee-Pads hat weiter zugelegt, allerdings nicht mehr so stark. Knapp 32.000 Tonnen Kaffee wurden 2012 in Pads verkauft – 2,6 Prozent mehr als noch 2011.

Kostenvergleich: Kapseln kosten bis zu 30 Euro pro Pfund

Solche Keimschleudern sind Kaffee-Kapselmaschinen

Kaffeemaschinen mit Kapseln sind wahre Keimschleudern. Forscher konnten fast 70 verschiedene Erreger nachweisen. Wo sich die Keime sammeln und was Sie dagegen tun können.

Quelle: N24/ Matthias Herreiner

Spätestens wenn die Besitzer einer neuen Maschine das erste Set Kapseln nachbestellen, merken sie, dass sie sich nicht gerade für eine günstige Kaffee-Zubereitung entschieden haben. Während das Gros der Deutschen je nach Qualität vier bis zehn Euro für die 500-Gramm-Packung Kaffeepulver auf den Tisch legt, müssen sie bei den Kapseln ein Vielfaches dafür bezahlen.

Rechnet man den Inhalt der kleinen Portionsdöschen hoch, zahlen Kunden der Nestlé-Tochter Nespresso 30 Euro für ein Pfund Kaffee. Rivale Tchibo verlangt für seine Cafissimo-Kapseln etwas weniger, aber auch hochgerechnet 20 Euro für 500 Gramm Kaffee sind nicht wenig. Für den gleichen Preis bekommt man handverlesenen Top-Bohnenkaffee, fair gehandelt und aus Bio-Anbau.

Noch deutlicher wird der Unterschied, wenn man sich den Preis pro Tasse anschaut: Herkömmlicher Filterkaffee schlägt pro Tasse je nach Kaffeequalität mit vier bis zehn Cent zu Buche. Nespresso-Kunden zahlen hingegen je nach Sorte um die 40 Cent pro Tasse Kaffee, bei Tchibo reicht die Preisspanne von rund 30 Cent bis hin zu 40 Cent für besondere Kaffee-Spezialitäten.

Pads kosten rund die Hälfte von Kaffeekapseln

Bei der zweiten Nestlé-Kapsel-Marke Dolce Gusto kostet die Tasse Kaffee 30 Cent. Wer wiederum seinen Kaffee mithilfe von Kaffeepads brüht, muss je nach Anbieter nur um die 10 bis 15 Cent pro Tasse zahlen. Bei Pads sind sämtliche Patente aus der Anfangszeit bereits ausgelaufen, entsprechend groß ist die Konkurrenz und niedrig der Preis.

Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg sieht die Kaffeesysteme kritisch: Für die Unternehmen seien „überteuerte, bunte, kleine Kapseln“ eine lukrative Einkommensquelle.

Bei den Geräten für die Zubereitung geht die Preisschere weit auseinander. Wer mag, kann sich auch eine Espressomaschine für 2000 Euro in die Küche stellen. Zum Vergleich taugen deshalb nur die jeweils günstigsten Maschinen: Das Nespresso-Einsteiger-Modell, die Essenza Earth Grey Krups XN 2140, kostet 99,99 Euro.

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Bei Tchibo kostet die günstigste Cafissimo-Maschine 49 Euro. Pad-Maschinen der Marke Senseo gibt es ab 69 Euro. Kleiner Vergleich, aus Omas Sicht: Der Porzellan-Kaffeefilter von Melitta, Größe 102, seit 60 Jahren auf dem Markt, kostet nicht mehr als 15 Euro. Einfache Espressokannen für den Herd liegen in einer ähnlichen Größenordnung. Am reinen Tassenpreis ändert das allerdings wenig.

Konkurrenz: Kapsel-Fans können auf sinkende Preise hoffen

Kaffeekapseln im Preis-Leistungs-Verhältnis

Kaffeemaschinen mit Pads oder Kapseln werden in Deutschland immer mehr genutzt. Die Stiftung Warentest hat die Kapselmaschinen unter die Lupe genommen. Auch ein günstiges Modell gehört zu den Siegern.

Quelle: Die Welt

Immerhin können Kapsel-Fans auf weiter sinkende Preise hoffen. Gerade gab Tchibo eine Allianz mit Saeco bekannt. Der Hamburger Kaffeeröster und der italienische Maschinenhersteller wollen künftig Kapselmaschinen gemeinsam entwickeln, herstellen und verkaufen sowie Patente gemeinsam nutzen. Das könnte preiswerter werden.

Zudem vertreiben immer mehr Firmen Kaffeekapseln, die in die Nespresso-Maschinen passen – zu einem deutlich günstigeren Preis. Vor Kurzem kündigte Mondelēz an, in der zweiten Jahreshälfte in Deutschland, der Schweiz und Österreich Kaffeekapseln für das Nespresso-System zu lancieren. Auch D.E Master Blenders (Senseo), will künftig auch hierzulande nicht nur Pads, sondern auch Kapseln anbieten, die in Nespresso-Maschinen passen.

Die Supermarktkette Rewe hat mit Caffè Vergnano 1882 Nespresso-taugliche Kapseln herausgebracht – zu einem Preis von 2,99 Euro je Zehnerpackung, also 30 Cent pro Tasse Kaffee. Gegen Rewe ist Nestlé bereits juristisch vorgegangen – ohne Erfolg: Das Landgericht Düsseldorf entschied, dass auch ohne Lizenz hergestellte Kaffeekapseln für Nespresso-Maschinen weiterhin uneingeschränkt in Deutschland verkauft werden dürfen (Aktenzeichen: 4b O 81/12).

Lidl musste Kaffeekapseln zurückziehen

Auch Lidl hatte bis vor Kurzem eigene, Nespresso-kompatible Kapseln im Angebot – zum Kampfpreis von nur 1,99 Euro für die Zehnerpackung. Wegen technischer Probleme musste der Discounter sie jedoch vorerst aus dem Sortiment nehmen: Die Kapseln passten einfach nicht richtig in die Maschinen.

Umweltbewusste Kunden dürften ohnehin vor den Aluminium-Kapseln zurückschrecken. Die Herstellung ist sehr energieaufwendig. Nestlé hat in seiner schweizerischen Heimat mittlerweile ein Rücknahmesystem ins Leben gerufen. In Deutschland gibt es so etwas noch nicht: Die Kapseln werden in der gelben Tonne entsorgt. Rewe dagegen wirbt damit, seine Kapseln seien „vollständig biologisch abbaubar und kompostierbar“ – möglich macht das die Verwendung von Polylactat (PLA), einem Biokunststoff auf Basis nachwachsender Rohstoffe.

Darunter mag der Geschmack wiederum leiden. Die Zeitschrift „Finanztest“ ließ drei erfahrene Vorkoster Kaffee aus original Nespresso-Kapseln mit der kostengünstigeren Rewe-Variante vergleichen. Das Ergebnis: Der Espresso aus der Rewe-Kapsel habe deutlich süßlicher und wässriger geschmeckt als das Original – und einen Fremdgeschmack nach feuchter Pappe gehabt.

Unsere „Oma“ kann darüber nur den Kopf schütteln. Sie bereitet den Kaffee so zu, wie es in angesagten Hipster-Cafés in Berlin oder Hamburg gerade wieder Mode ist: Kaffeebohnen mahlen, in den Filter auf einer Porzellan-Kanne geben, Wasser kochen, eine Minute stehen lassen, das Kaffeepulver kurz angießen, 30 Sekunden warten, dann langsam restliches Wasser hinzugeben, trinken. Am besten schwarz.

Die großen Werbelügen von Nespresso und Co.

Die Wettbewerbszentrale musste im vergangenen Jahr 4000 Mal Mogeleien bei Preisangaben, Verstöße gegen Informationspflichten sowie Irreführungen in der Werbung abmahnen. In 400 Fällen ging sie sogar noch weiter.

Quelle: N24

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