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Autogramm Honda E

Foto: Matthew Howell/ HONDA

Honda E Wer will mich haben?

Der ist ja sooo niedlich: Hondas Elektroauto E wurde wegen seines knuffigen Designs gefeiert. Nun entpuppt sich der süße Wagen als schwer verkäuflich – und zwingt den Hersteller in eine Allianz mit Tesla.

Wer kann diesem Blick widerstehen? Diese Frage warf der Test des Honda E im SPIEGEL Anfang 2020 auf. Heute, rund zehn Monate später, ist klar: Viele Autokäufer können – aus Sicht von Honda wohl zu viele.

Und so hat Honda offenbar Schwierigkeiten, in diesem Jahr die europäischen CO2-Vorgaben einzuhalten: Die Japaner schließen sich nun dem Emissionspool von E-Auto-Primus Tesla an. Als reiner Elektro-Hersteller hübschen die Kalifornier damit bereits die CO2-Bilanzen anderer Konkurrenten auf. Honda selbst hatte 2020 eigentlich mit dem Elektro-Stadtflitzer E durchstarten wollen, der schaffte es mangels Masse nicht, die durchschnittlichen Emissionen des Herstellers weit zu senken. So wird das Modell in Deutschland erst seit Juli ausgeliefert, bis Oktober wurden laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) 440 Stück registriert; davon 144 im September sowie 142 im Oktober. Im Oktober stieg sein Anteil an den Zulassungen des Herstellers zwar an, er blieb aber weit hinter den Modellen Jazz und CR-V mit 338 beziehungsweise 402 Oktober-Zulassungen. Bei der Präsentation des Wagens ging Honda noch davon aus, pro Jahr 10.000 E in Europa abzusetzen . Einem Bericht der Beratungsfirma "Schmidt Automotive Research" zufolge wurden bisher in Westeuropa jedoch nur 1000 Exemplare zugelassen.

Mit niedrigen Stückzahlen und einem vergleichsweise späten Verkaufsstart hilft der E dem Hersteller kaum beim Erreichen des Flottengrenzwerts, denn dabei zählt das ganze Jahr. Den Rückstand müsste er also durch hohe Zulassungszahlen zum Jahresende aufholen. Dass deutlich höhere Werte möglich sind, zeigt ein Blick auf vergleichbare E-Autos: Der Renault Zoe, immerhin ein direkter Konkurrent des Honda E, wurde im Oktober 5010 Mal zugelassen und war damit das beliebteste Modell des Herstellers. Opels preislich vergleichbarer Stromer Corsa E ließ den kleinen Honda ebenfalls weit hinter sich und wurde laut "Auto Motor Sport" im September 834 mal, im Oktober 998 mal zugelassen. In der Elektro-Zulassungstabelle der Zeitschrift belegte er in den Monaten September und Oktober die Plätze zehn und acht, während sich der Honda mit den Plätzen 25 und 24 begnügen musste.

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Deshalb hat sich Honda nun dem CO₂-Pool von Tesla und dem italo-amerikanischen Hersteller FCA angeschlossen, um Strafzahlungen wegen zu hoher Flottenemissionen zu vermeiden, wie der Hersteller dem SPIEGEL bestätigte. In einem solchen Pool werden Emissionswerte von Fahrzeugen verschiedener Hersteller miteinander verrechnet.

Dabei sieht der kleine Stromer mit den runden Kulleraugen nicht nur süß aus, er ist auch eine erfrischende Abwechslung zu den entweder kühl oder aggressiv gezeichneten Modellen der Konkurrenz. Der Dackelblick verfing bei Kunden aber kaum. Außer mit dem ungewöhnlichen Design glänzt der E mit einem kleinen Wendekreis und sportlichen Fahrleistungen.

Sieht gut aus, hat aber handfeste Nachteile

Dafür hat er einen Nachteil: Die Entwickler haben den Wagen als beinahe reines Stadtauto konzipiert und mit einem vergleichsweise kleinen Akku ausgestattet. "Wir laufen ja auch nicht alle mit einem Tablet am Ohr herum, nur weil es einen größeren Akku hat", begründete Projektleiter Takahiro Shinya damals die Entscheidung. Und wollte damit sagen: Ein Handy samt seiner kleineren Batterie genüge ja völlig.

Die Reichweite des knuffigen Honda liegt im WLTP-Zyklus deshalb bei moderaten 222 Kilometern. Das wäre an sich vielleicht zu verschmerzen, der Preis des Stadtflitzers ist aber umso selbstbewusster kalkuliert, los geht es bei 32.997 Euro. Bei mehreren Konkurrenten gibt es für etwas weniger Geld zwar keine Kulleraugen, dafür aber mehr Reichweite. So kommt beispielsweise der knapp 30.000 Euro teure Peugeot e-208 im WLTP-Zyklus über 300 Kilometer weit.

FCA kooperiert mit Tesla seit 2019

Dass der Erfolg des E ausbleibt, kommt für Honda zur Unzeit. Autohersteller brauchen derzeit jedes verkaufte E-Auto, um die CO₂-Emissionen ihrer Flotte zu senken und Strafzahlungen zu vermeiden.

Die geringen Verkaufszahlen zwingen den E nun in die Zählgemeinschaft mit Tesla und FCA mit Marken wie Fiat und Jeep. FCA kooperiert mit Tesla bereits seit 2019.

Hersteller dürfen gemeinsam Pools bilden, um die CO₂-Vorgaben der EU einzuhalten. Für den reinen Elektrohersteller Tesla ist das ein einträgliches Geschäft, auch auf anderen Märkten wie Kalifornien. Die Firma von Milliardär Elon Musk hat dadurch in diesem Jahr rund eine Milliarde Euro eingenommen .

Auch andere Hersteller haben dieses Schlupfloch erkannt, so nutzt Volvo die eigenen Erfolge beim Senken der CO₂-Emissionen, indem der Hersteller einen Pool mit Ford bildet , für den die Amerikaner vermutlich eine Ausgleichszahlung leisten. Ansonsten hätte Ford das CO₂-Limit wegen technischer Probleme bei der Plug-in-Variante des Modells Kuga möglicherweise gerissen und Strafzahlungen leisten müssen.

Anm. d. Red.: Ursprünglich wurde im Text nur die Zahl der Auslieferungen von Januar bis September genannt, die Auslieferung des Honda E begann jedoch erst im Juli. Die entsprechende Passage wurde angepasst. Um die Zahlen besser einordnen zu können, wurden außerdem Zulassungszahlen aus dem Monat Oktober sowie die weiterer Modelle ergänzt.

ene